»Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.« So konstatierte George Bernard Shaw schon vor vielen Jahrzehnten.
Anfang Oktober nun wurde dieser Zusammenschluß der „verrückten Leute“ (s.o.), der Lauenburgische Kunstverein, mit dem Kulturpreis der Stiftung Herzogtum Lauenburg, der im zweijährigen Rhythmus vergeben wird, ausgezeichnet. So gehört der LKV nicht nur seit 2022 zum immateriellen Kulturerbe der Unesco, es wird auch sein künstlerisches und gesellschaftspolitisches Engagement im Kreis Herzogtum Lauenburg besonders hervorgehoben und gewürdigt.
Aber wie fing das alles an?
Kunstverein – das hatte uns gerade noch gefehlt.
Stimmt, hatte gefehlt.
Der kreisweit aktive LKV wurde 1984 gegründet, zählt zurzeit etwa 100 Mitglieder und ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine (ADKV).
Seit seiner Entstehung vor 38 Jahren hat der Verein mit über 400 Kulturveranstaltungen im ganzen Kreis eine beachtliche Kulturarbeit geleistet – Kunstausstellungen regionaler und überregionaler Künstler, zahlreiche Lesungen und Kleinkunstveranstaltungen, Konzerte, Vorträge, Exkursionen, Atelierbesuche und Videoperformances. Zu Gast sind renommierte Künstler und berühmte Literaten wie Günter Grass, Martin Walser, Peter Rühmkorff, Siegfried Lenz und Walter Jens gewesen, aber auch eine gewisse Herta Müller – schon 18 Jahre bevor sie den Nobelpreis bekam.
Die besondere Lage am „Zonenrand“ hat im Programm des LKV schon immer eine besondere Rolle gespielt und setzt sich glücklich fort in einer erfolgreichen Ausstellungsreihe mit Künstlerinnen und Künstlern aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein im Park der Ratzeburger Museen am Domsee. Dort oder in den begleitenden Katalogen sowie in dem 2015 vom LKV gegründeten Paradiesgarten und den Regio- und Designmärkten kann man vielleicht etwas finden, was man gar nicht gesucht hat.
So verhilft der Verein mit seinen Veranstaltungen tausenden Besuchern zum „kulturellen Glück“. Und liefert gleichzeitig in Diskussionsveranstaltungen mit seinem zivilgesellschaftlichen Engagement einen wertvollen Beitrag zum Demokratieverständnis,
Als besonderes Angebot führt der LKV seit 33 Jahren eine Artothek, eine schöne und wichtige Aufgabe. Sie ist eine Schule des Sehens, die besonders den kulturpädagogischen und den politischen Aspekt der Kunstvereinsarbeit betont. Dass künstlerisch geschultes Sehen, ein kulturell geschulter Geist von jeher etwas mit der Freiheit und Urteilskraft des Individuums zu tun hat, kurz mit politischer Freiheit, versteht sich fast von selbst. Ein hohes Gut, nicht nur in demokratischen Gesellschaften. Und das Glück, die Lust der Vernunft und die Wonnen der Phantasie zu erleben, bekommt man noch als Geschenk dazu.
Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein.“ Mit diesen Worten hat der Zeichner und Dichter F.K. Wächter – Mitglied der Frankfurter Schule und übrigens ein Schüler der Lauenburgischen Gelehrtenschule – die Bemühungen der Kunst- und Kulturschaffenden, sich und ihren Werken Aufmerksamkeit zu verschaffen, ironisch karikiert. Seit nunmehr achtunddreißig Jahren bemüht sich der Lauenburgische Kunstverein, Anwalt der Kunst in der Region zu sein, also dafür zu sorgen, dass jemand „guckt“. So ganz umsonst scheint es nicht gewesen zu sein. | Regine Bonke, 07.11.2022
Kulturpreis geht an den Lauenburgischen Kunstverein
Als diesjährige Kulturpreisträger 2022 der Stiftung Herzogtum Lauenburg wurde der Lauenburgische Kunstverein im Stadthauptmannshof ausgezeichnet.
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Anlass war die Verleihung des Kulturpreis 2022 der Stiftung. Mit ihm werden alle zwei Jahre Einzelkünstlerinnen oder Einzelkünstler, Gruppen oder Institutionen ausgezeichnet, die sich um die Kulturentwicklung in der Region verdient gemacht haben. In diesem Jahr wurde der Lauenburgische Kunstverein mit dem Kulturpreis ausgezeichnet und für sein Engagement gewürdigt.
Der Lauenburgische Kunstverein, 1984 gegründet, organisiert Ausstellungen, Vorträge und künstlerische Veranstaltungen. In der fünf Jahre später eingerichteten Möllner Artothek können sich Bürger seit 1989, analog zu einer Bibliothek, Kunstwerke für eine bestimmte Zeit ausleihen. Laudator Dr. Klaus Rave, Vorsitzender des 1843 in Kiel gegründeten Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins, betonte die Wichtigkeit des Lauenburgischen Kunstvereins als Ort der Gemeinschaft: Denn diese „Vereinskultur schafft jene Sinnlichkeit, die das Wesen von Kunst und Kultur ausmacht. Das Miteinander gewinnt immer mehr an Bedeutung in dieser individualisierten, ja zunehmend narzisstischen Welt der Selfies und Posts. Kunstvereine standen und stehen für Inklusivität, nicht für rückwärts gewandte Exklusivität, sie verschließen sich nicht, sondern bleiben aufgeschlossen für Neues.“ Stellvertretend für den Kunstverein nahm Dr. William Boehart als Vorsitzender des Lauenburgischen Kunstvereins den Kulturpreis von Präsident Klaus Schlie entgegen.
Aus sechs Vorschlägen hatte sich die fünfköpfige Jury für die Preisträger entschieden. In diesem Jahr setzte sich die Jury aus Andrea Koop als Jury-Vorsitzende, Jörg-Rüdiger Geschke als Kreisfachberater Kulturelle Bildung und Stiftungsvorstand, der Bildenden Künstlerin Christiane Leptien aus dem Südkreis, dem im Südkreis lebenden Cellisten und Vorsitzenden des Vereins „Da capo talento“ Martin von Hopffgarten und Florian Klein von der Kulturcommunity zusammen.
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Auszug des Beitrags von Maren Simoneit, 3. November 2022
https://stiftung-herzogtum.de/2022/11/03/kulturpreis-geht-an-den-lauenburgischen-kunstverein/
Presseartikel: LN vom 31.10.2022